Voller Stolz hatte Microsoft die Zukunft seiner Office-Suite vorgestellt. Mit „Office 365“ soll nun alles viel besser und toller und so werden. Eigentlich sollten die Kunden doch Schlange stehen wie einstens bei Windows 95. Aber nichts dergleichen. Stattdessen lässt es sich Microsoft ordentlich etwas kosten, dass Einrichtungen das neue Office 365 verwenden.
Die Universität von Nebraska hat beschlossen, künftig Office 365 einzusetzen. „Dafür bezahlt Microsoft der Bildungseinrichtung 250.000 US-Dollar.“ Das berichtet der Heise Newsticker. Vorher hatte die Universität mit Lotus Notes gearbeitet. Nach einer ausführlichen Prüfung waren „am Ende Kostengründe entscheidend für die Wahl von Office 365 gewesen.“ Tja, der Markt reguliert sich immer selbst. Angebot und Nachfrage bestimmen die Preise. Nun sind 250.000 Dollar gerade mal eine Viertel Million, also nicht viel Geld. Was tut nun die Uni mit diesem Umstiegsbonus?
„Der FAQ zufolge soll das Geld für die anstehende Migration der E-Mail-Konten genutzt werden. Ein Teil der Summe fließt demnach zurück an Microsoft“, berichtet Heise weiter. Von dem Geld will die Uni „MS-Office-Lizenzen für die gesamte Universität sowie erweiterte Supportdienstleistungen“ einkaufen. Microsoft schenkt der Uni also Geld, das diese dann an Microsoft überweist, um zusätzliche Leistungen zu erhalten. Früher hätte man einfach die Leistungen als Dreingabe mitgeschenkt.
Jedenfalls finde ich es grundsätzlich bemerkenswert, wenn ein Unternehmen dafür bezahlt, dass andere seine Produkte verwenden. Aber vielleicht war auch die Meldung nur ungünstig formuliert, und Microsoft versüßt nicht den Wechsel von Lotus Notes zu seiner eigenen Lösung, sondern ermöglicht ihn mit dieser „Spende“ überhaupt erst mal. Letztlich bedeutet das aber, dass kein unabhängiges (kleines) Unternehmen eine reale Chance hat, denn trotz aller langfristigen Einsparpotenziale können es sich nur große Unternehmen leisten, die Migration zu bezahlen.
Da stellt sich doch die Frage: Wieso kann es sich ein Unternehmen leisten, eine solche Zusatzmotivation zu bieten? Weil sie über die Jahre gerechnet diesen Betrag locker wieder einspielen. Damit motiviert ein privatwirtschaftliches Unternehmen also eine öffentliche (mit Steuergeldern finanzierte) Einrichtung, ein bestimmtes Produkt zu verwenden. Ein Open-Source-Projekt oder eine kleine Softwareschmiede kann damit gar nicht konkurrieren. Denn erstens ist „Microsoft too big to fail“ (wie bei den Banken), und zweitens können die anderen nicht solche gönnerhaften Dreingaben anbieten. Und drittens werden solche Lösungen offenbar nie über drei, fünf, zehn Jahre kalkuliert, sondern oftmals gerade über ein oder zwei.
Übrigens „erhofft“ sich die Uni eine Reduzierung der Kosten durch die neue Lösung. Pikanterweise wird die Lösung nicht im medizinischen Bereich der Uni eingesetzt – Sicherheitsbedenken sprechen dagegen.