Die Form für den Inhalt

Die Furcht vor dem Referat mit Powerpoint-Unterstützung ist unbegründet. Wer tatsächlich etwas zu sagen hat, lässt sich durch Technik nicht davon abhalten.

Mit dem neuen Semester beginnt eine neue Powerpoint-Saison. Der Trend heißt „Neue Leichtigkeit“. Sattsam bekannt ist, dass gerade das Leichtwirkende besonders schwer zu erreichen ist. Mit ein paar Grundregeln gelingt aber auch dem Präsentationslegastheniker ein wirkungsvoller Vortrag.

Inhalt

Eine Präsentation ohne Inhalt ist verlorene Lebenszeit für alle. Daher beginnt die Schöpfung mit der Entscheidung, was die Hauptaussage der Präsentation sein soll. Eine strukturierte Gliederung spart viel Arbeit bei der Erstellung. Könner rechnen pro fünf Minuten Redezeit eine Folie, das bedeutet an der Wand steht nur das Wichtigste in Schlagworten, die Präsentation lebt vom Vortrag. Eine Folie verträgt etwa ein halbes Dutzend Stichworte.

Nicht nur die Rechtschreibung ist wichtig, sondern auch die Harmonie der Formulierungen: „Erhöhung der Akzeptanz“ und „Eff ektivität gesteigert“ passen nicht zusammen. Eine Folie muss nicht voll sein, um zu wirken. Zwei einzelne Stichpunkte, zu denen man etwas erzählt, sind oft viel überzeugender. Diese Stichpunkte können mit einer inhaltlich unterstützenden Grafik, einem Diagramm oder Bild aufgewertet werden. Auch ein relevantes Zitat belebt die Präsentation.

Aufbau

Wer vor dem Referat auf den technischen Test verzichtet, ist selbst schuld. Gegebenenfalls ist die Bildschirmaufl ösung anzupassen, der Bildschirmschoner gehört deaktiviert und der Laptop ans Stromnetz, um Nebenwirkungen des Energiesparmodus auszuweichen. Niemand will sehen, wie der Computer-Desktop aussieht. Also ist die erste Folie leer, und der Beamer wird erst gestartet, wenn die Präsentation sie anzeigt. Die letzte Folie der Präsentation ist ebenfalls leer. Die zweite Folie setzt den organisatorischen Rahmen und stellt klar: Wer redet wann wo worüber, und wie groß ist das Thema.

Eine Leitfrage oder die Gliederung am Anfang stimmen die Zuhörerschaft auf das Folgende angemessen ein. Wer sein Referat in Kapitel aufteilt, macht bei jedem Abschnitt deutlich, dass etwas Neues kommt. Eine einzelne Folie ergibt aber selten ein ganzes Kapitel. Jedes Teilgebiet beginnt mit einer großen Überschrift und einem kurzen Abriss oder der Leitfrage.

Jede Folie hat eine eigene Überschrift und sinnvollerweise auch einen Hinweis auf das Thema. Das kann beispielsweise ein kleiner Schriftzug unten sein. Die letzte Folie enthält die Zusammenfassung und bleibt praktischerweise während der Fragen zum Referat noch an der Wand. Floskeln wie „Vielen Dank fürs Zuhören“ sind peinlich, einer guten Präsentation merkt jeder an, wenn sie zu Ende ist.

Stilistisches

Es sind nur Schriften erlaubt, die jeder gut lesen kann, am besten schnörkellose. Schriftgrößen unter 12 Punkt sind tabu. Die Farbwahl verlangt Augenmaß, beispielsweise rote Schrift auf schwarzem Hintergrund ist unlesbar. Zusätzlich verzerren manche Beamer die Farben. Es sollte so einfach und angenehm wie möglich sein, die Folien aufzunehmen: unaufdringliche Farben im Hintergrund, deutliche Markierungen, gut erkennbare Grafiken. Optisch wird nur hervorgehoben, was auch inhaltlich von Wichtigkeit ist – der Inhalt steht im Vordergrund.

Ein einheitlicher Aufbau für alle Folien verleiht Eleganz: Stil und Farbe der Überschrift, des Textes, Aufzählungen, Beschriftungen, Hintergrundfarbe, Aufteilung der Folie. Von den zahlreichen Möglichkeiten für Folienwechsel sind nur die wenigen schnellen und unaufdringlichen praxistauglich. Bei Kapitelwechsel oder anderen markanten Stellen eignet sich mitunter ein zweiter Effekt. Fliegen aber alle Folien von oben und Kapitelfolien von unten ein, verwirrt das die räumliche Wahrnehmung. Dann lieber von der Seite.

Sind Veränderungen darzustellen, können Animationen helfen. Doch Bewegung oder nachträgliches Erscheinen auf der Folie verleihen dem jeweiligen Element genauso wie Farbe eine Wichtigkeit, die es vielleicht nicht hat. Der Profi verzichtet auf Übergangs- und sonstige Effekte.

Filmstill „Fight Club“

Filmstill „Fight Club“

Zwei Abschlussregeln

„Kill your darlings“, lautet das Motto. Die Effekte und Möglichkeiten, die am besten gefallen, sind meist solche, die am wenigsten passen. Die Reduktion hat stets große Wirkung. Mut zum Understatement! Eine schlichte, einfarbige Krawatte wirkt auch eleganter als eine wild gemusterte.

Die beste Präsentation rettet kein schlechtes Referat, aber eine schlechte ruiniert ein gutes. Wer im Vorfeld bei der Planung spart, hat hinterher mehr zum Drüber-Ärgern.

Der Artikel erschien in „bus“, Oktober 2008.

Alexander Florin: Alexander Florinein Kind der 70er • studierter Anglist/Amerikanist und Mediävist (M.A.) • wohnhaft in Berlin • Betreiber dieses Blogs zanjero.de • mehr über Alexanders Schaffen: www.axin.de ||  bei Facebook || auf Twitter folgen

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