„Ich kann den Akku nicht wechseln.“ „Mein Flash-Player funktioniert nicht.“ „Programm XY kann das aber …“ Das Leben des modernen Menschen ist voller Jammer. Drei beliebte Dauer-Sorgen in der Analyse.
„Ich kann den Akku nicht wechseln.“
Mal ganz ehrlich: Wie oft musstest du bereits in deinem Handy oder Laptop einen neuen Akku einsetzen? Ich habe einmal im Rahmen der großen Sony-Akku-Rückrufaktion den Laptop-Akku wechseln dürfen. Bei inzwischen mehreren Laptop-Generationen und zahlreichen Handys ein Einzelfall.
Doch überall hört man bei Apple-Produkten die Klage, dass man den Akku nicht wechseln kann. Ganz persönlich denke ich, dass die Fähigkeit, einen Akku wechseln zu können, dem Vanitas-Motiv in der Kunstgeschichte ähnelt: Mensch, bedenke, dass du vergänglich bist. In einer idealen Welt würden wir keine Akkus benötigen, sondern die Geräte würden einfach so funktionieren. Unsere Welt ist leider nicht ideal, und viele Geräte benötigen einen Akku. Nicht nur benötigen wir Akkus, sondern diese neigen auch dazu, im Laufe ihrer Lebenszeit an Leistung zu verlieren, bis sie zum reinen Ballast werden.
Hat man sich einmal damit abgefunden, dass es Akkus gibt und diese bestimmte Eigenschaften besitzen, ist es nicht mehr eine Frage des Ob, sondern des Wie.
Was sind die Vorteile des Akku-Wechseln-Könnens?
Wenn er defekt ist oder die Leistung mir zu niedrig erscheint, kann ich ihn wechseln. Laut Apple sollen die verbauten Akkus nach tausend Ladungen noch 80 Prozent der Ursprungskapazität haben – das entspricht etwa fünf Jahren Nutzungsdauer. Die Zahl kann ich bislang nicht bestätigen, denn ich habe meinen Laptopakku erst knapp hundertmal geladen, aber die Zeichen stehen gut, dass Apple recht behalten könnte, denn ein Kapazitätsverlust ist bislang nicht messbar.
Um einen neuen Akku einsetzen zu können, muss ich einen Akku kaufen. Erstaunlich: Apple bietet an, bei Bedarf einen neuen Akku in ein Gerät einzubauen – für genau den selben Preis, für den man bislang den Akku selbst gekauft hat und selbst einbauen musste. Das ist böse! Die nehmen mir mein Lieblingshobby weg: Akkutausch.
Ein einziger Vorteil zum selbst tauschbaren Akku fällt mir ein: Wenn ich lange unterwegs bin, kann ich einen Zweit-Akku mitnehmen und somit das Gerät länger benutzen. Zum Akku-Wechsel muss ich das Gerät komplett ausschalten und danach wieder neu starten. Es gibt solche Fälle, aber sie gehören wohl eher zu den Ausnahmen bzw. in die Kategorie „Schön, dass ich das machen kann, aber ich habs noch nie gemacht.“
Übrigens sind auch die Batterien in Armbanduhren ziemlich fest eingebaut und müssen irgendwann ersetzt werden. Die meisten Uhrennutzer lassen dies in einem Uhrengeschäft erledigen; den Einbau gibt’s gratis zum Batteriekauf dazu. Vielleicht sollte über Akkus in anderen Geräten ähnlich nachgedacht werden wie über Batterien in Armbanduhren, denn bei Uhren habe ich noch keinen jammern hören, dass man die Batterie nur umständlich selbst wechseln könne.
Was sind die Vorteile der festverbauten Akkus?
Apple konstruiert und baut seine Akkus selbst. Dadurch ist die Akkutechnik gut auf die restliche Hard- und Software abgestimmt. Außerdem spart es Platz, einen Akku direkt einzubauen. Ein wechselbarer Akku benötigt ein eigenes Gehäuse und einen separaten Schacht, in den er eingesetzt werden kann. Wird dieser Gehäuseplatz ebenfalls für Akkuzellen genutzt, kann der Akku meist schon 30 Prozent mehr Kapazität speichern – nur aufgrund des zusätzlichen Platzes und der damit größeren Bauform.
Bei der Einführung der Unibody-MacBooks hat Apple diesem Aspekt großen Raum in der Präsentation eingeräumt. Auch iPhone, iPod und das neue iPad profitieren von den größeren Akkus. Denn – das darf nicht vergessen werden – alle diese Geräte benötigen nicht wenig Energie, je mehr sie haben, desto besser.
Ein weiterer Vorteil im Alltag ist, dass Gerät und Akku so fest miteinander verbunden sind, dass man entweder beide bei sich hat – oder keines. Weder kann der Akku versehentlich aus dem Gerät rutschen oder fallen noch kann man ihn zuhause vergessen. Es ist kein Verriegelungsmechanismus nötig, der einerseits anwenderfreundlich sein soll (sonst heißt es wieder „Der Akkuwechsel ist unnötig kompliziert“) und andererseits aber auch nicht versehentlich gelöst werden darf.
Der größte Nachteil von Akkus ist, dass man sie wieder aufladen muss, wenn sie leer sind. Dieses Drama ist für die meisten Menschen einfacher in den Griff zu bekommen als das Vorhalten eines geladenen Reserve-Akkus. Auch ist den meisten Nutzern ungefähr bewusst, wie weit die aktuelle Akkuladung noch reichen wird; schließlich wird der Ladezustand angezeigt. Die Nutzung lässt sich leicht darauf abstimmen. Wer länger als vier Stunden ohne den Hauch einer Steckdose mit einem Laptop, iPod oder iPhone arbeiten (!) muss (!), sollte über seinen Lebenswandel nachdenken. Geht der Akku beim iPhone zurneige, lässt sich leicht auf den Film oder das aktuelle Spiel verzichten (wie wäre es stattdessen mit einem Buch?), um die Akkuladung zu sparen, bis man wieder in der Nähe einer Ladestation ist.
Ein Vorteil des Ladens über den Computer sei noch kurz benannt. Dabei werden automatisch – sofern es aktiviert ist – die Daten auf dem Gerät (iPod, iPhone, iPad) mit dem Computer via iTunes synchronisiert. Verliere ich also mein Gerät, habe ich immer noch alle Daten auf dem Computer. Verliere ich meinen Computer, habe ich die Daten noch auf dem Gerät. In beiden Fällen bin ich nicht von anderen abhängig (wie bei der Synchronisation über eine sogenannte „Cloud“, die wie bei T-Mobile in den USA microsoftbedingt ausfallen kann).
Fazit
Ein fest eingebauter Akku ist nicht per se schlecht. Den meisten Kunden ist es vermutlich auch ganz recht, dass sie für die technischen Aspekte der Geräte keine Verantwortung aufgebürdet bekommen. Bei der Abwägung sind also zu berücksichtigen:
+ höhere Kapazität
+ kein Verlieren/Vergessen
+ weniger Mechanik am Gehäuse (damit weniger potenzielle Probleme)
– kein Zweitakku für schnellen Wechsel
„Mein Flash-Player funktioniert nicht.“
Zugespitzt heißt es eigentlich „Ohne Flash-Player kann ich nicht leben.“ Noch korrekter müsste man formulieren: „Ich bin auf Inhalte im Flash-Format angewiesen.“ Auf zahlreichen Internet-Seiten finden sich eingebettete Elemente, die Flash-Dateien darstellen. Seit geraumer Zeit surfe ich nur noch mit dem Tool „Click2Flash“. Dabei werden sämtliche Flash-Inhalte gegen graue Flächen ersetzt; erst beim Anklicken wird der Inhalt angezeigt. Dabei fällt auf: Erstens ist erstaunlich, wie viel Flash im Internet eingesetzt wird, und zweitens ist erstaunlich, wie wenig es einem fehlt.
Youtube bietet den Großteil seiner Videos auch in einem neutralen Dateiformat an, sodass man gar nicht auf Flash angewiesen ist. Auch andere Online-Portale beweisen, dass ein Leben ohne Flash möglich sein kann.
Flash ist böse
Flash wird von der Firma Adobe besessen (Oder ist Adobe von Flash besessen?). Das bedeutet, dass eine einzelne Firma für ein Element verantwortlich ist, auf das Internetnutzer angewiesen zu sein glauben. Im Gegensatz zu HTML, H264, PDF und anderen gibt es keinen wirklichen Standard und somit auch keine wirkliche Alternative zum Flash-Player, um die Inhalte korrekt anzuzeigen.
Der Flash-Player ist für mehrere Aspekte berüchtigt: Er ist ein Sicherheitsrisiko. Er ist ressourcenhungrig. Bildschirmreader für Blinde können seine Anzeige nicht vorlesen. Er widerspricht allen Regeln zur Usability (beispielsweise sind weder die Gestaltung noch das Verhalten von Scrollleisten einheitlich, sodass jede Flash-Anwendung neu gelernt werden muss).
Flash gehört eigentlich zu den Sünden der Internetjugend, die schon längst ausgestorben wären, wenn nicht ständig irgendwelche Erweiterungen draufgepfropft worden wären. Es wäre auch besser gewesen, wenn Flash ausgestorben wäre, denn es widerspricht der Philosophie des Internet, das eben auf offenen Standards basiert.
Vorteile von Flash
Um ehrlich zu sein: Mir fallen keine ein. Flash ist laut. Es muss zusätzlich zum Browser ständig aktualisiert werden, in der Hoffnung, dass nun endlich alle Sicherheits- und Stabilitätsprobleme verschwinden. Es bremst den Computer aus. Ständig blinkt und zischt und funkelt und piept es, was gerade im Büro nervend ablenkt.
Der einzige Einsatzzweck, wo Flash seine Berechtigung hat, ist Werbung. Und die vermisse ich dank Flash2Click nicht. Für alle anderen Einsatzzwecke gibt es besser geeignete Werkzeuge als diese Pseudo-Ultimativwaffe. Diese sind standardisiert (H264 für Filme, MP3 und AAC für Audio, PDF für Dokumente, HTML und CSS für Internetseiten), sodass das Internet nicht von einer Firma abhängig ist, denn für standardisierte Formate gibt es konkurrierende Programme und Wettbewerb.
Nachteile von fehlendem Flash
Nach meiner eigenen Surferfahrung verlieren Internetseiten mit Pornos ihren Reiz, wenn Flash-Inhalte nicht angezeigt werden. Ansonsten wird das Surfen sehr viel angenehmer, da zahlreiche Werbeeinblendungen nicht erscheinen. Die eine oder andere Flash-Navigation erscheint natürlich ebenfalls nicht, aber dabei handelt es sich um Internetseiten, die in das Klischee fallen „Wer Inhalte hat, braucht kein Flash bzw. Flash ist schick, um Nicht-Inhalte zu kaschieren.“ Das Gros der Internetseiten ist außerdem so angelegt, dass man auch auf Flash verzichten kann, meist gibt es eine alternative Navigation, die ebenfalls zum Ziel führt (es sei denn, das Ziel ist wieder eine Flash-Datei).
Der eine oder andere spannende Design-Exzess geht einem so durch die Lappen. Das ist mitunter wirklich schade, aber dabei handelt es sich zum überwiegenden Teil nicht um Seiten, die man wegen des Inhalts ansurft. Auch eingebettete Spiele funktionieren natürlich nicht, wenn sie auf Flash basieren. Bei diesem Argument wird ständig übersehen, dass es eine große Zahl von Spielen gibt, die auf Java basieren – und das läuft und hält sich meist an die Bedienstandards.
Auch bei Flash gilt: Wer wirklich auf Flash angewiesen ist, sollte seine Lebensziele einmal überdenken. Dazu kommt dann noch die Frage: Weder iPod noch iPhone noch iPad sollen Arbeitsrechner ersetzen – wieso sollten an sie die selben Anforderungen gestellt werden wie an einen Arbeitsrechner? Vergessen wir nicht: Vor dem iPhone mussten Internetseiten extra für Mobiltelefone angepasst werden. Das iPhone war das erste Handy, das Internetseiten genauso anzeigte wie ein PC. Nur dass Apple auf Flash verzichtete. Weil:
– Flash unanständig viele Ressourcen verbraucht, ohne mehr zu leisten als jeweils geeignete Software
– Flash regelmäßige Sicherheitsupdates benötigt.
Flash taugt nicht bei Touch
Das wichtigste Argument ist aber: Flash ist nicht touch-tauglich. Es unterscheidet zwischen Zeigen und Klicken als zwei Aktionen. Flash kann also zwei verschiedene Aktionen geschehen lassen, je nachdem, ob der Mauszeiger sich nur über einem Objekt befindet oder das Objekt angeklickt wird. Beim Touch-Display gibt es aber kein Zeigen, sondern nur Klicken/Antippen und – ggf. nach einer Bewegung – Loslassen als Bedienweise. Wenn also Apple alle Bedenken zur Systemleistung über Bord geworfen und Flash integriert hätte, dann hätten manche Elemente einfach nicht funktioniert. Wer wäre dann schuld, auf wen würden die Nutzer schimpfen? Natürlich nicht auf das wirklich blöde Flash, sondern auf Apple. Apple mag aber nicht schuld sein, also verzichten sie lieber offensiv auf eine minderwertige Technologie als wegen dieser das Benutzererlebnis zu verwässern bzw. die Nutzer mit ständig anderen Reaktionen zu überraschen.
Seit dem Debüt des iPhone ist die Bedeutung von Flash im Internet auch zurückgegangen. Vermutlich haben ein paar Personen mehr erkannt, dass Flash mehr Probleme schafft als es löst. Denn eigentlich löst Flash gar keine Probleme, jedenfalls keine wirklichen, sondern belästigt nur die Nutzer mit neuen. Oder noch böser ausgedrückt: Flash ist für Freaks; für einige wenige Zwecke ist es sicher gut geeignet (beispielsweise im Prototyping oder bei Designstudien), aber für den Masseneinsatz ist es nicht zu empfehlen.
„Programm XY kann das aber …“
Natürlich kann Programm XY etwas, das Programm YZ nicht kann – sonst gäbe es ja nicht verschiedene Programme, wenn alle das selbe könnten. Die eigentliche Frage ist aber: Wofür wird ein Programm benutzt? Welche Funktionen sind nötig, welche sind praktisch (aber nicht lebenswichtig), und welche sind einfach nur nett zu haben.
Bei Mac OS X frisch aus der Schachtel würde sich für mich folgende Abstufung ergeben. Den Finder brauche ich wirklich, um meine Dateien zu verwalten. Exposé ist eine praktische Zugabe, um mit den Fenstern besser arbeiten zu können, es ginge aber ohne (auch wenn ich es nicht mehr missen möchte). Der Taschenrechner ist nett, aber mindestens genauso oft greife ich zu einem echten Rechner, der in der Schreibtischschublade liegt.
Hat man sich bei seinen Problemen oder Aufgaben, die man mithilfe des Computers bewältigen möchte, klargemacht, welche Teile in welche Kategorien gehören, kann man sich auch die richtige Software dazu suchen. Denn die Wahl eines Computers (Mac oder Windows-PC oder Linux) wird beispielsweise nicht anhand des jeweils beiliegenden Taschenrechner-Programms getroffen.
Natürlich wäre es toll, eine Küchenmaschine zu haben, die Kaffee kochen, Brötchen backen, Saft pressen und gestreamte Radiosendungen empfangen kann. Diese Maschine gibt es aber nicht. Doch für jede Einzelaufgabe gibt es sehr sinnvolle Einzelgeräte.
Der Jammer, dass ein anderes Programm etwas kann, was das von mir verwendete nicht kann, führt ziemlich komplett am Problem vorbei. Fast meine gesamte Bildbearbeitung erledige ich mit Graphic Converter. Ja, ich habe auch eine legale Photoshop-Lizenz. Doch ich verwende Photoshop nur, wenn ich mit Bildebenen oder detaillierten Maskierungen arbeiten muss. Für alle anderen Fälle ist Graphic Converter das wesentlich tauglichere Programm: Es startet schneller, belegt weniger Ressourcen, und es kann die für mich wichtigen Funktionen genauso gut wie Photoshop.
Graphic Converter ist in den vergangenen acht Jahren enorm gewachsen. Von nicht einmal fünf Megabyte auf inzwischen 80 Megabyte – nur das Programm. Photoshop belegt ohne Demobilder und ähnliche Dreingaben 300 Megabyte auf meiner Festplatte. Natürlich kann es mehr. Aber brauche ich dieses Mehr auch? Im Großteil der Fälle genügen die Standardfunktionen.
Raus aus dem Jammertal!
Um es noch einmal anders zu formulieren: Vor dem Jammern Hirn einschalten. Wie bei einer guten Kommunikationssituation kann man dem Gegenüber (also dem Programmierer von XY und von YZ) nur beste Absichten unterstellen.
Es ist meist kein böser Wille, eine bestimmte Funktion nicht anzubieten. Diese passt möglicherweise nicht ins Programmkonzept – ein TV-Nachrichtensender versucht sich ja auch nicht an einer Samstagabendshow. Die Funktion ist in dem Programmumfeld vielleicht nicht umsetzbar – mit einer Nachrichtenredaktion würde vermutlich keine allzu glamoröse Samstagabendshow entstehen. Die Funktion gehört nicht zu den Kernfunktionen des Programms, oder sie würde vermutlich nur von so wenigen Nutzern eingesetzt, dass sich der Programmieraufwand nicht lohnt – auf einem Nachrichtensender erwartet niemand eine Samstagabendshow, sodass sie dort nur von sehr wenigen gesehen würde.
Anstatt also zu jammern, sollte man sich lieber darauf konzentrieren, was man tun kann als das, was man nicht tun kann. Oft kann man sowieso viel mehr tun als man eigentlich tut oder gar tun möchte.
Ich kann zwar nicht den Akku wechseln, aber ich kaufe mir auch keinen Laptop oder ein anderes Gerät wegen seiner Akkuwechselfähigkeit. Ich kann auf iPod, iPad und iPhone keine Flash-Pornos gucken, aber das würde die Geräte auch entweihen. Viele Flash-„Programme“ könnte ich außerdem nicht korrekt bedienen, also vermisse ich sie gar nicht. Können andere Leute etwas (ob nun mit dem Computer oder auch einfach durch Begabung), was ich nicht kann, stellt sich mir die Frage: Wie wichtig ist es mir, das auch zu können – lohnt sich der Aufwand für ein Training oder für die Anschaffung einer Software? Meist nicht :-)
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