Was wird uns Apple in den nächsten Jahren bringen? Auf igeek.com las ich kürzlich einige Vermutungen, die ich hier in der deutschen Version und etwas erweitert aufgreifen möchte.
MacOS auf normalen PCs?
Kann es sein, daß MacOS X oder seine Nachfolger in wenigen Jahren auch auf „normalen“ PCs laufen? Dafür sprechen drei Argumente.
Erstens
Im Gegensatz zu den klassischen Betriebssystemen (bis MacOS 9) basiert MacOS X auf Unix. Unix läuft – wie wir wissen – auch auf normalen PCs; die Verbreitung von Linux beweist das. Rein theoretisch (!) wäre es daher auch kein Problem, MacOS X auf normaler PC-Hardware laufen zu lassen.
Hauptsorge dabei ist die Unterstützung der Hardware. Für zahlreiche Geräte gibt es keine Mac-Treiber. Erschwerend kommt die Fülle an Hardware hinzu. Bisher betrieb Apple eine schmale Unterstützung für Hardware; wogegen es für jedes Teil Windows-Treiber gibt. Besorgt Apple nun die Programmierung der Treiber (wenigstens für die meisten Standard-Geräte) selbst oder bringen sie die Hersteller dazu, diese zu programmieren? Unix- und Linux-Treiber gehören bei vielen Hardware-Produzenten noch zur seltenen Luxus-Ausstattung. Aber die rührige Linux-Gemeinde macht vor, wie es geht: aktuelle Distributionen unterstützen nahezu die gesamte Palette an Gerätschaften. Und wie bei Safari könnte sich Apple auch hier am open source bedienen.
Zweites Problem dabei: die Stabilität der Apple-Systeme beruhte zum großen Teil eben auf der schmalen Unterstützung von Hardware. D.h. Geräte, die am Mac genutzt werden konnten, bringen das System nicht ins Schleudern. Hardware und Software sind optimal aufeinander abgestimmt. Weshalb, wie es so schön hieß, 200 Apple-MHz deutlich schneller waren als 200 MHz unter Windows.
Microsoft versucht(e), Treiber-Pfusch durch Signaturen entgegenzuwirken. Ob es bei Apple ähnliche Ideen gibt, wird die Zeit zeigen. Jedenfalls scheint die Hardware-Unterstützung das hervorstechendste Problem zu sein.
Zweitens
Bereits mit Pink versuchte Apple in den 90ern, ein MacOS für PC-Plattform zu entwickeln. Dem vielversprechenden Prototyp folgte jedoch eine Einstellung des Projektes. Stattdessen kam MacOS 8 (Copland) auf den Markt. Der größte Fehler von Apple war – nach Meinung diverser Meinungsinhaber – sich selbst stets als Hardwareproduzent und nicht als Softwarehersteller zu verstehen. Sonst wäre die PC-Revolution in den 80ern vermutlich deutlich anders abgelaufen.
Gates hätte seinen Windows-Programmierern nicht ständig sagen müssen „Macht es wie der Macintosh“. Die unausgegorenen Ergebnisse sind bis heute zu erkennen. Stattdessen hätte es einen gesunden Wettbewerb auf der selben Plattform geben können. Kompatibilität und Innovation wären die vermutlichen Ergebnisse für die Nutzer gewesen.
Steve Jobs, der seit Ende der 90er wieder Apple leitet und zuvor eine andere eigenständige Plattform entwickelte (Next) bewies mit seinen letzten Keynotes, daß er die PC-Welt ins Visier genommen hat. Resultate waren die Switch-Kampagne, der iPod für Mac und Windows sowie der regelmäßige Direktvergleich zwischen beiden Systemen.
Aufgrund der Marktanteile von Apple (ca. drei Prozent) und der Einsicht, daß aufgrund der höheren Anschaffungskosten (die oft schwerer wiegen als die niedrigeren Folgekosten), die Wahl möglicherweise immer seltener auf einen Rechner aus Cupertino fallen könnte, scheint er umzudenken. Was bleibt als Alternative bzw. Angriffsstrategie? Die Anschaffungskosten senken geht nur bei höherer Produktion, die derzeit nicht realisierbar ist. Also könnte man die Vorteile von Apple auf einem Standard-PC verfügbar machen. Die Apple-Hardware wäre somit nur noch ein Zusatz-Geschäft.
Problematisch ist, daß viele PC-Hersteller Knebelverträge mit Microsoft unterschrieben haben.
Drittens
Eine Softeware-Palette mit iLife, Keynote, Safari, iCal, iSync, iPress, FinalCut, Shake sorgt dafür, daß sowohl Heimanwendern als auch Professionellen passende Programme für das MacOS X zur Verfügung stehen. Und für iTunes beispielsweise gibt es unter Windows derzeit nichts wirklich vergleichbares in den Punkten Bedienkomfort und Funktionalität. iPhoto, iMovie, iDVD haben zwar ihre Win-Pendants, diese hecheln jedoch oft den „Originalen“ hinterher. Außerdem fehlt ihnen die intelligente Verbindung, wie sie Apples iApps auszeichnet. Keynote demonstriert als verbessertes Powerpoint die Möglichkeiten des Unix-Mac. Mit Safari hat Apple nun auch einen eigenen Internetbrowser im Portfolio.
Der Kauf einer Musiksoftwarefirma und die Ankündigung von iPress, einem Layoutprogramm, erweitern noch einmal die Software-Palette. Um für all diese Angebote eine genügend große Basis bereitzustellen, damit sich die Weiterentwicklung lohnt, muß Apple expandieren. Es gibt zwar nun eine große Menge wirklich guter, einfach zu bedienender Software für Mac, aber häufigstes Gegen-Argument ist nunmal der Preis für die Hardware. Auch wenn dieser den Wintel-Marken wie Toshiba, Sony, etc. durchaus vergleichbar ist, ist er für normale Privatnutzer zu hoch, die an die Discount-Angebote der PCs gewöhnt sind.
Ergo kann eine Portierung von MacOS X auf Standard-PCs die Anschaffung der Hardware verbilligen (bzw. es läuft auf bestehender) und damit das Hauptargument entkräften. Ein breites Software-Angebot ist da nur förderlich, insbesondere wenn es die Aufgaben deutlich angenehmer erledigen läßt als die Windows-Beigaben.
Fehlt nur noch das Office-Paket. Zwar reicht für den Privat-Gebrauch AppleWorks aus, doch sind viele an MS Office gewöhnt. Deutet Keynote mit seiner Powerpoint-Kompatibilität auf ein komplettes AppleOffice, komptibel zum derzeitigen Marktführer, hin? Allerdings gibt es bereits MS Office für Mac, das einen besseren Ruf genießt als seine Windows-Ausgabe.
Fazit
Der Unix-Kern von MacOS X macht eine Portierung vergleichweise aufwandsarm möglich. Wichtigste Frage dabei bleibt die Treibersituation. Apple sollte aus seinen Fehlern der Abschottung gelernt und eine Portierung zumindest erwogen haben – ein offizielles Bekenntnis gibt es dazu noch nicht. Eine breite Software-Palette würde die Akzeptanz und den Einsatz eines Mac-Systems (auf Standard-Hardware) nur erhöhen und kann wichtiges Argument bei der Kundengewinnung sein.
Ein weiteres Indiz ist Microsofts Strategie der Knebelverträge, auch für Kunden. D.h. der Wechsel zu einem anderen System wird deutlich erschwert. Und auch die erneute Verschärfung der Klauseln schien zu bestätigen, daß sich der Softwaregigant vor etwas fürchtet – bloß wovor, wußte keiner.
Ob es eine Portierung geben wird, weiß ich nicht. Ich halte es jedoch für wahrscheinlich. In einigen Jahren – vielleicht auch nur Monaten – sind wir schlauer.
UPDATE (2010)
Seit 2006 wurden alle Macs auf Intel-Prozessoren umgestellt und gleichen damit in Hardwaresicht den „normalen PCs“. Auch sonst kommen kaum eigene Bauteile zum Einsatz, wenn man davon absieht, dass Apple statt dem betagten BIOS das moderne EFI verwendet. Apple ist damit einer von vielen PC-Herstellern geworden, denn auch auf den Intel-Macs lässt sich Windows installieren. Manche Komponenten – wie das Multitouch-Trackpad in Laptops – gibt es allerdings nur in Macs. Bei Design und Herstellung von Gehäusen geht Apple weiterhin eigene Wege, wie die Unibody-MacBooks zeigen. Softwaremechanismen sollen gewährleisten, dass auch künftig MacOS X nur auf Mac-Computern läuft.