Die Bundesregierung hat beschlossen, dass Deutschland 200 Panzer nach Saudi-Arabien verkaufen darf. Wozu werden in Saudi Arabien Panzer eingesetzt? Um Gefahren abzuwehren, vorwiegend Protestler, und „In Saudi-Arabien, so will es das Regime, ist Protest unislamisch.“ (schön lakonisch bei Telepolis formuliert).
Also: Da ist ein Regime, das sich seine Gegner nach konfessionellen Gesichtspunkten wählt. Wer der selben Konfession (oder Religion oder theologischen Überzeugung – der Einfachheit halber verwende ich das alles mal synonym) angehört, profitiert von der Unschuldsvermutung. Jeder Anders-Gläubige ist dagegen verdächtig. Als ob „anders glauben“ und „anders denken“ irgendwie das selbe wären. Protest, Regime-Argumentation, Feindbild und Freundschaft sind in der arabischen Welt immer mindestens religiös beeinflusst. Eine Trennung von Staat und Religion ist noch ferne Zukunftsvision.
In Deutschland dagegen gilt das Gebot der Trennung von Staat und Religion. Deshalb ist es geradezu makaber, wenn eine Regierungschefin, die gleichzeitig das Oberhaupt der christlichen Union ist, sich weigert, Waffenlieferungen zu überdenken, die einem islamischen Überzeugungstäter helfen, Andersgläubige zu verletzen. Zu den betroffenen Andersgläubigen könnten auch ein paar Christen gehören. Aber die sind vermutlich nicht in der Position, größere Panzerbestellungen aufzugeben und daher zu vernachlässigen.
Die Kanzlerin ist letztlich für jede Art von Geschäft, solange es einträglich ist. Da müssen religiöse Befindlichkeiten zurückstehen. Auch eine Art von religiöser Kooperation. Aber vielleicht ist Merkel viel cleverer, als wir alle vermuten würden: Lasst uns so viele Panzer und Waffen wie möglich in die arabische Welt liefern. Dann können die sich gegenseitig ordentlich wegballern. Eine sinkende Zahl von Arabern bzw. Muslimen können in einer solch zynischen Welt ja nur von Vorteil sein. Und verdienen würden wir auch noch daran.
Anmerkung: Dass Araber und Muslime nicht synonym sind, ist dem Bild-„Zeitung“sleser natürlich egal. Hauptsache weniger davon!
Anmerkung 2: Ich habe an einigen Stellen zurückhaltender formuliert, als es meine Absicht war, aber zu schnell wird man bewusst missverstanden; deshalb habe ich u.a. bewusst auf das „demokratisch“ in der Bezeichnung vom Verein unserer Kanzlerin verzichtet.
Anmerkung 3: Eigentlich hätte es auch mal wieder einer großen Schimpferei auf nicht-vorhandene Transparenz in unserer Pseudo-Demokratie bedurft. Aber dazu hatte ich gerade keine Lust.
In diesem Zusammenhang
Der o.g. Telepolis-Artikel zitiert unseren Außenminister mit den Worten: „Im Interesse von Frieden und Sicherheit müssen wir nicht nur in der Nahost-Region immer wieder mit Partnern zusammenarbeiten, die nicht unseren eigenen demokratischen Maßstäben entsprechen.“
„Im Interesse von Frieden und Sicherheit“. Im Interesse von Frieden und Sicherheit wird so viel unternommen, dass sich Frieden und Sicherheit schon längst im Grabe umdrehen würden, wenn sie wüssten, was in ihrem Namen alles getan wird. Auch neigen die meisten Aktionen „im Interesse von Frieden und Sicherheit“ dazu, u.a. folgende Dinge zu bewirken: Gewalt, Vertreibung, Unsicherheit, Flucht, Spannungen, Verdächtigungen, Terror, Aufrüstung, Waffenhandel.
„nicht nur“? Wo noch? In Deutschland entsprechen viele Strukturen nicht den demokratischen Maßstäben, und dennoch müssen wir mit ihnen zusammenarbeiten. Die Liste der Partner auch jenseits der Ländergrenzen ist schier endlos. Damit werden die „demokratischen Maßstäbe“ zu einem Nicht-Kriterium bei der Partnersuche. Wichtiger wäre es also, Kriterien zu benennen, nach denen man seine Partner aussucht.
„immer wieder“? Also regelmäßig? ständig? Oder andersherum: wann nicht?
„unsere eigenen demokratischen Maßstäbe“. Wenn sogar die USA Waffengeschäfte im Senat besprechen, dann sollten es unsere demokratischen Maßstäbe doch erlauben, ein gleiches zu tun. Unsere demokratischen Maßstäbe verbieten solches jedoch. Damit sind wir nicht viel besser als jene Partner. Bzw. nicht jeder unserer Partner wird sich auf unser Niveau von Demokratieverständnis hinabbegeben wollen, nur um mit uns Geschäfte zu machen. Denn „Geschäfte machen“ ist und bleibt so ziemlich das einzig ehrliche Synonym für „zusammenarbeiten“.