Eine halbe Milliarde Fenster

Microsoft plant eine Werbekampagne, um die Menschheit von Windows 8 zu überzeugen. Dafür will der Konzern eine halbe Milliarde Dollar ausgeben: 500.000.000,00 Dollar. Mehrere Gründe könnten ausschlaggebend für die Summe sein.

Die einfachste Erklärung wäre: Die wissen nicht, wohin mit ihrem Geld. Microsoft plant ja offenbar eine eigene Strategie, um endlich im Hardwaregeschäft Fuß zu fassen und wie Apple zu werden (sogar Steve Wozniak scherzte, Steve Jobs wäre bei Microsoft wiederauferstanden). Die Hardware-Abeilung für Mäuse und Tastaturen war lange Zeit neben Windows und Office der einzige Geschäftsbereich von Microsoft mit schwarzen Zahlen. Nun hat Microsoft sein Surface-Tablet vorgestellt und schon den nächsten Hardware-Hersteller akquiriert. Da all die Geräte mit Windows 8 laufen werden, ist das somit nicht nur Werbung für ein Betriebssystem, sondern indirekt auch für die eigene Hardware. Schließlich gibt Apple ja auch Geld für die Bewerbung seiner Geräte aus.

Mit dieser Werbekampagne demonstriert Microsoft auch konservativen Unternehmen, dass Tablets als Computer ernstgenommen werden können. Da Microsoft schon immer lieber und mehr an Unternehmen verkauft (die lassen sich mit langfristigen Knebelverträgen besser binden als wankelmütige Endverbraucher), gilt es, diesen Marktbereich von Tablets zu überzeugen. Solche Unternehmen benötigen keine hippe Werbekampagne (wie Apple sie bietet), sondern wollen auf einem eher sachlichen Level angesprochen werden.

Als Haupt-Betriebssystem-Hersteller hat Microsoft außerdem eine Verantwortung gegenüber seinen Hardwarepartnern. Diese lernten mit dem Windows-Vista-Desaster eher Zurückhaltung als Euphorie. Da kein PC-Hersteller ein eigenes Betriebssystem anbietet und die wenigsten überzeugend auf Linux setzen, äußert sich die Begeisterung für ein Microsoft-Betriebssystem auch direkt in den Hardware-Verkaufszahlen. Damit hängt der gesamte PC-Markt zu gewissen Teilen von Microsofts Windows ab. Nach den Hardwarekonzepten der vergangenen Jahre, für die der Markt sich nicht interessierte, ist Microsoft nun quasi in der moralischen Verpflichtung, das neueste Konzept (Surface) zum Erfolg zu führen. Nicht, dass Moral ein Kriterium für Microsoft ist, aber das Argument gefällt mir.

Ein  weiterer Grund könnte strategischer Natur sein. Microsoft ist de facto Monopolist auf Desktop-Rechnern und Laptops. Das vergisst man gern, weil Apple so viel mediale Aufmerksamkeit abgreift. Aber Microsofts Fenster haben immer noch 90 Prozent Marktanteil – es gibt also keinerlei Anlass für Jammer oder Mitleid. Jedoch demonstrieren sie mit einer solchen Werbekampagne einen scheinbaren Wettbewerb, als gäbe es ernsthafte Konkurrenz, als hätten sie kein Monopol und müssten um jeden Kunden buhlen.

Vielleicht haben sie aber auch nur Angst, dass die Menschen einfach nicht verstehen, dass sie dieses Mal nun wirklich etwas Großartiges hervorgebracht haben. [Achtung: Ironie]

Spannend wird die Kampagne allemal. Vor allem deshalb, weil man ihr das enorme Budget wieder einmal nicht ansehen wird. So verpuffte die 300-Millionen-Euro-Kampagne vor einiger Zeit. Jedenfalls hatte sie keinen deutlichen Nachhall, und abgesehen von den kryptischen Spots mit Jerry Seinfeld gingen sie im allgemeinen medialen Rauschen unter.

Alexander Florin: Alexander Florinein Kind der 70er • studierter Anglist/Amerikanist und Mediävist (M.A.) • wohnhaft in Berlin • Betreiber dieses Blogs zanjero.de • mehr über Alexanders Schaffen: www.axin.de ||  bei Facebook || auf Twitter folgen

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